Bei der Juniorwahl gehen die HLA-Schüler zur Urne

Aus der BNN vom 25.09.2021 vom BNN-Mitarbeiter David Heger:

 

Die Bundestagswahl vorneweg genommen: Schüler in Bruchsal und Ubstadt-Weiher stimmen ab

Bruchsal/Ubstadt-Weiher. Versiegelte Urnen, ein penibel geführtes Wählerverzeichnis und sogar originale Stimmzettel – auf den ersten Blick scheint es in der Bruchsaler Handelslehranstalt schon Tage vor der Bundestagswahl wie in einem ganz normalen Wahllokal zuzugehen. Allerdings sind hier, im wohl jüngsten Wahlbezirk Bruchsals, viele Wählerinnen und Wähler noch nicht volljährig.

„Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich gerne wirklich wählen gehen.“

Klaudija Zekan, Schülerin

Möglich macht es die Juniorwahl, bei der bundesweit über 4.500 Schulen zu eigenen Stimmbezirken werden. Dort werden Jugendliche unabhängig vom Alter oder der Staatsbürgerschaft an die Urne gebeten, um unter möglichst realen Bedingungen die Bundestagswahl zu simulieren.

„Ein ungewöhnliches Gefühl“, findet Klaudija Zekan, die darauf wartet, ihre Wahlbenachrichtigung gegen den Stimmzettel für den Wahlkreis Bruchsal-Schwetzingen tauschen zu können. „Klar weiß ich, wo ich mein Kreuz machen werde“, sagt die 17-Jährige mit kroatischem Pass, für die die simulierte Bundestagswahl die erste und einzige Stimmabgabe ist. „Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich natürlich auch gerne wirklich wählen gehen.“

Bevor es für sie ins zum Wahllokal umfunktionierten Klassenzimmer geht, folgt ein Crashkurs in Sachen Stimmabgabe: „Den Zettel in der Wahlkabine zweimal falten und direkt in die Urne werfen“, erklärt der achtzehnjährige Lars Grub seinen Mitschülern das Prozedere. Seine Klasse organisiert an diesem Tag den Wahldienst, hakt Namenslisten ab und gibt Stimmzettel aus. „Alles soll so authentisch ablaufen wie möglich“, erklärt der 18-Jährige. Zwar darf er am Wahlsonntag bereits selbst über den neuen Bundestag entscheiden – den Urnengang im Unterricht findet er dennoch „eine klasse Sache“, wie er sagt: „Solche Projekte sorgen dafür, dass Politik spannend bleibt. Manche meiner Mitschüler hätten sich ohne die Juniorwahl gar nicht mit der Bundestagswahl beschäftigt.“

„Die Juniorwahl ist ein Eisbrecher“, glaubt auch David Heidel, der als Gemeinschaftskundelehrer die Bundestagswahl auf Probe an die Bruchsaler Schule gebracht hat und in den ersten beiden Wochen des Schuljahres etwa 600 Wahlbenachrichtigungen an die Bruchsaler Schülerinnen und Schüler ausgegeben hat. „Natürlich ist es zusätzliche Arbeit. Aber die Organisation macht richtig Spaß.“

„Die politische Motivation von Schülern steht und fällt mit dem Einsatz der Lehrkräfte. Wir müssen Hebel finden, um Interesse zu fördern“, findet auch Ursula Nöltner-Vogt, die für die 127 Abschlussschüler der Realschule in Ubstadt-Weiher die Juniorwahlen organisiert. Auch für sie ist die Abstimmung ein Pilot-Projekt – mit einem besonderem „Kick“, wie sie betont: Zwar sind die Stimmzettel bereits ausgezählt – bekanntgegeben wird das Ergebnis der Abstimmung aber erst gemeinsam mit denen aus allen anderen Schulen sonntags – zeitgleich mit den ersten Hochrechnungen der Bundestagswahl. „Wie meine Schüler parteipolitisch ticken, kann ich deshalb nur mutmaßen“, sagt die Gemeinschaftskundelehrerin. Erkennbar sei jedoch unter anderem ein Interesse an Kleinparteien, so Nöltner-Vogt.

Auch in der Handelslehranstalt in Bruchsal wird derweil ausgezählt. Ob sich die Ergebnisse von denen der tatsächlichen Bundestagswahl unterscheiden werden? „Ich glaube schon“, meint die 17-jährige Hanna Göhring, für die vor allem ein Thema ganz oben auf der Agenda steht: „Die Folgen von wirkungsloser Klimapolitik tragen vor allem wir Junge“, ist sie überzeugt.

„Wir sind in unserer Klasse alle recht politisch“, findet derweil Carsten Schlegel, der die Abschlussklasse besucht und sich eine Absenkung des Wahlalters wünscht. „Mir ist es wichtig, dass in der Politik auch die junge Generation gehört wird.“ Und die will zunehmend mitbestimmen – und kann es auch, ergänzt sein Mitschüler Mika Schwab, für den die Probe-Wahl bereits jetzt ein Erfolg ist: „Die Juniorwahl beweist, dass junge Menschen politisch mündig sind.“